Mentales Training bei Panikattacken, Agoraphobie und Phobien

Im Folgenden bieten wir Ihnen einige Übungsvorschläge zum mentalen Training bei Panikattacken, Platzangst und Phobien, die Sie je nach Bedarf individuell abwandeln können.

Eine real bewältigte Angstsituation vergegenwärtigen

Erinnern Sie sich an eine Situation, die Sie früher gefürchtet, aber dann bewältigt haben, weil Sie sie einige Male erfolgreich durchlebt haben. Denken Sie zurück – an das anfängliche Unbehagen, an das erfolgreiche Ende.

Eine noch nicht bewältigte Angstsituation erfolgreich visualisieren

In einem wunderschönen Tagtraum malen Sie sich bis ins kleinste Detail aus, wie Sie eine bestimmte Angstsituation, die Sie in der Realität noch nicht bewältigt haben, erfolgreich durchleben. Was Sie sich konkret vorstellen können, wird in Zukunft leichter möglich sein.

Vorstellen der nächsten Panikattacke mit erträglichem Ausgang

Vorhandene Ängste werden dadurch panikartig gesteigert, dass gerade am dramatischen Höhepunkt der Film reißt – genau dann, wenn etwa der drohende Herzinfarkt oder die gefürchtete Ohnmacht zum Greifen nahe erscheinen, ist der Film zu Ende. Was signalisiert dies dem Betroffenen? Dass es kein Entrinnen gibt, das der Film unweigerlich mit der Katastrophe enden muss. Gehen Sie unbedingt einen Schritt weiter: lernen Sie, diesen „Film“ innerlich fortlaufen zu lassen, schreiben Sie das Drehbuch weiter, so dass es zu einem erträglichen Ausgang kommt. Spielen Sie die Szene immer wieder durch und entwickeln Sie konkrete Alternativen und Überlebensvorstellungen.

Entwerfen Sie mindestens drei Varianten, wie Sie die für Sie bedrohliche Situation einigermaßen gut überstehen können. Ihre ständigen Erwartungsängste bezüglich Panikattacken ohne genaue Vorstellung dessen, was wirklich passieren könnte, bedeuten letztlich, die gefürchteten Situationen und Zustände unter Verzicht auf mentale Bewältigung zu meiden. Oft verhindern Todesängste die mentale Bewältigung dessen, was passieren könnte, wenn man die betreffende Situation überleben sollte. Positives Denken in unserem Sinne bedeutet nicht, das Negative zu leugnen oder auszublenden, sondern real mögliche Gefahren und Probleme für bewältigbar zu halten.

Neuerliches Durchleben der letzten Panikattacke

Wenn Sie sich an eine heftige Panikattacke wiedererinnern, werden Sie von intensiven Gefühlen und körperlichen Zuständen überflutet. Genau damit müssen Sie umgehen lernen. Schließen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich die Situation rund um die letzte Panikattacke ganz konkret und in allen Details vor. Erleben Sie die Panikattacke im Zeitlupentempo noch einmal mental durch, und zwar in der Ich-Form und in der Gegenwartsform, z.B. „Ich atme jetzt schneller, mein Herz beginnt zu rasen, mir wird leicht übel, ich zittere leicht.“ Wie fängt die
Panikattacke an, was macht sie schlimmer? Was ist das Äußerste? Erinnern Sie sich dabei auch, dass und wie Sie diesen Angstanfall überlebt haben. Wenn Sie vom gegenwärtigen Standpunkt aus auf die Panikattacke zurückblicken, stärken Sie Ihren Glauben an deren Bewältigbarkeit.

In eine Panikattacke hineinsteigern

Sprechen Sie den folgenden oder einen ähnlichen Text langsam und mit Pausen auf eine Kassette und hören Sie sich die Geschichte immer wieder an, bis Sie damit keine Probleme mehr haben:

„Mir wird ganz schwindlig, es schnürt mir den Brustkorb zusammen und ich bekomme kaum Luft, mir ist heiß und ich beginne zu schwitzen, mir wird übel, meine Knie werden ganz weich, es kribbelt in meinen Händen, mein Herz schlägt wie verrückt, gleich falle ich um, wahrscheinlich bekomme ich einen Herzinfarkt. Rundherum stehen Leute, die mich sehen, wie ich zu Boden sinke. Vielleicht drehe ich auch nur durch und lande in einer Nervenklinik. Dann bin ich für immer erledigt, auch wenn ich alles überlebe.“

Wenn Sie Angst vor derartigen mentalen Provokationsübungen haben, werden Sie unerwartete Panikattacken weiterhin so fürchten wie bisher. Üben Sie derartige Vorstellungen mit geschlossenen Augen so lange, bis Sie besser damit umgehen können.

Eine Panikattacke im Bus oder in der Straßenbahn

Stellen Sie sich eine Panikattacke in einem öffentlichen Verkehrsmittel vor, um Ihre körperlichen und emotionalen Zustände besser kontrollieren zu können. Imaginieren Sie folgende Situation: Sie bekommen bei geschlossenen Fenstern zuwenig Luft, spüren einen starken Druck auf der Brust und haben Angst zu ersticken. Sie atmen verstärkt, spüren Ihren raschen Herzschlag und werden ganz angespannt. Es wird Ihnen übel und Sie haben Angst zu erbrechen. Sie fürchten sich davor aufzufallen. Sie steigen jedoch nicht aus dem Verkehrsmittel aus, sondern verwenden Atemtechniken, wie diese bei Schritt 4 beschrieben sind. Nach einiger Zeit erreichen Sie Ihr Ziel und Sie steigen erschöpft, jedoch mit einem Erfolgserlebnis aus.

Ohnmachtsangst in einem Geschäft

Sie fühlen sich im Supermarkt plötzlich schwindlig und der Ohnmacht nahe. Sie möchten mit Ihrem vollen Einkaufswagen flüchten, sehen jedoch die lange Warteschlange bei der Kasse, so dass Sie nicht inauskommen. Sie sind in der Falle, Ihre Angst steigt dadurch. Sie bekommen keine Luft mehr, Ihr Herz schlägt bis zum Hals, Sie beginnen zu schwitzen und zu zittern. Sie erinnern sich an Ihre letzte Panikattacke, bei der Sie Angst hatten zu sterben. Sie möchten sich am liebsten am Einkaufswagen festhalten, tun dies jedoch bewusst nicht, sondern stehen frei und sind bereit umzufallen und dadurch aufzufallen. Sie haben den Eindruck, dass jemand schon etwas bemerkt haben könnte, Sie lassen sich dadurch jedoch nicht irritieren. Sie schütteln Arme und Beine kräftig durch, atmen langsam ein und aus und gehen noch eine Viertelstunde im Geschäft umher, ohne der ständigen Fluchtbereitschaft Ihres Körpers nachzugeben und merken, dass Sie nicht umkippen. Abschließend loben Sie sich kräftig.

Ein mentaler Einkaufsbummel

Spielen Sie anhand eines Einkaufsbummels eine gestufte Konfrontationstherapie in der Vorstellung bei geschlossenen Augen möglichst lebendig durch. Sie verlassen an einem Samstagvormittag Ihre Wohnung, spüren schon bald Ihre Erwartungsängste aufsteigen, gehen einige Minuten bei leichtem Schwindel dahin, steigen dann in den Bus ein, der Sie – voll mit Schulkindern und stickiger Luft – in 20 Minuten zum nächsten größeren Einkaufszentrum bringt. Dort gehen Sie durch die überfüllten Gänge und betrachten vorerst einmal alle Geschäfte von außen, bis Sie schließlich hintereinander mindestens drei Geschäfte aufsuchen. Im ersten

Geschäft müssen Sie sich mit einigen Waren bei einer Schlange an der Kasse anstellen, so dass Sie etwas unruhig werden und Ihr Herz zu klopfen beginnt. Im zweiten Geschäft gibt es kein Fenster, weshalb Sie sich beengt fühlen, Sie
bleiben aber dennoch so lange, bis Sie sich von einer Verkäuferin haben beraten lassen ohne etwas zu kaufen. Im dritten Geschäft probieren Sie längere Zeit einige Kleider an, nerven die Verkäuferin ein wenig, finden schließlich aber
doch ein passendes. Sie spüren, wie Sie langsam müde werden und auf dem Weg zum Bus wiederum leichter Schwindel aufkommt. Sie fahren – etwas erschöpft durch die Angst – mit dem Bus nach Hause und freuen sich, dass Sie diese kleine Shopping-Tour mental erfolgreich bewältigt haben.

Die Angst vor Kontrollverlust mental durchleben

Diese Vorstellungsübung zählt mittlerweile zu den Lieblingsübungen des Autors. Panikpatienten erkennen dabei oft erstmals, was sie wirklich fürchten, wenn sie bei einer Panikattacke keine Angst mehr vor dem Tod haben. Die Betroffenen haben dann gewöhnlich Angst vor einem Kontrollverlust in Form des plötzlichen Verrücktwerdens, eines Blackouts (z.B. Selbstmordversuch aus Panik, „Amoklauf“) oder eines heftigen Gefühlsausbruchs (Um-sich-Schlagen, Schrei- oder Weinkrampf).

Schließen Sie die Augen und vergegenwärtigen Sie sich eine Situation, in der Sie mental einmal all das durchspielen, was Sie in einer bestimmten Extremsituation als Ärgstes außer dem Tod befürchten. Wagen Sie es und stellen Sie sich Ihren Horrorvisionen. Welche Vorstellungen haben Sie vom „Durchdrehen“, „Nervenzusammenbruch“, „Ausflippen“? Wo und wann haben Sie vielleicht schon einmal die Kontrolle über sich verloren, dass Sie sich vor einem neuerlichen Kontrollverlust bzw. Gefühlsausbruch fürchten? Sagen Sie sich: „Ich habe intensive Gefühle und einen großen inneren Druck, meine Verstandesklarheit bleibt dabei erhalten. Daher wage ich es, meine ärgsten Phantasien zuzulassen. Das sind nur meine Vorstellungen, es wird jetzt nichts passieren.“ Wenn es Sie beruhigt, machen Sie diese Übung, während eine Vertrauensperson in einem anderen Raum anwesend ist.

Flugangst in der Vorstellung vergegenwärtigen

Eine Flugangst ist der Inbegriff einer Agoraphobie: man fürchtet nicht den Absturz, sondern das Fehlen jeden Fluchtwegs. In dieser Eingeengtheit könnte man sich jedoch völlig unmöglich verhalten und daher unangenehm auffallen oder vielleicht sogar „durchdrehen“ – alles völlig unbegründete Ängste. Fliegen Sie einmal „mental“: Sie sitzen im Flugzeug nach Griechenland. Schon beim Start steigt die Furcht vor etwas Unbestimmtem auf, dem Sie nicht entkommen können. Sie erinnern sich an die letzte Panikattacke beim Fliegen, weshalb Sie seither in kein Flugzeug mehr gestiegen sind. Sie gehen in der Vorstellung alles durch, was Ihnen passieren könnte.

Sie sitzen ganz angespannt da, möchten am liebsten davonlaufen, wagen sich jedoch kaum zu bewegen. Sie erleben das beklemmende Gefühl: jede Flucht ist ausgeschlossen, es gibt kein Entkommen! Sie möchten sich an die Stewardess um Hilfe wenden, haben jedoch Angst, unangenehm aufzufallen. Was fürchten Sie jetzt am meisten? Was wäre so schlimm, dass Sie trotz des Wissens um eine sichere Landung auch das nächste Mal am liebsten nicht mehr fliegen möchten? Finden Sie mehrere Möglichkeiten, wie Sie sich in diesem Zustand auf die Realsituation besser vorbereiten können. Was helfen könnte: Atemübungen, Reden mit dem Partner, an das Ziel der Reise denken, etwas lesen oder etwas trinken bzw. lutschen.