Emotionstraining

Menschen mit Angststörungen können mit ihren Gefühlszuständen nicht umgehen und versuchen, die störenden Emotionen zu ignorieren oder zu unterdrücken, wodurch diese erst recht außer Kontrolle geraten. Angstpatienten glauben oft, durch die Beschäftigung mit ihrer Angst eine unkontrollierbare Angstüberflutung zu provozieren, und bevorzugen daher Angstmeidungsstrategien. Nur ein besseres Wahrnehmen, Erleben und Annehmen der dem Verhalten zugrundeliegenden Gefühle kann neben der Änderung des Denkens zu dauerhaften Verhaltensänderungen bei Angstpatienten führen.

Das Akzeptieren von Angst- und Hilflosigkeitsgefühlen bewirkt bereits eine Veränderung. Nehmen Sie Ihre Angst an, und sie wird sich wandeln vom Feind zum Freund. Wenn Sie Ihrer Angst ständig ausweichen oder gegen sie kämpfen mit dem Ziel, dass sie nicht mehr vorhanden ist, werden Sie sich laufend bedroht fühlen und damit den Angstkreislauf nur schwer verlassen können.

Analysieren Sie, welche Gefühle genau eigentlich vorhanden sind in Situationen, die Sie mit Angst oder belastenden körperlichen Beschwerden verbinden. Menschen mit Angststörungen bezeichnen übermäßig viele Gefühlszustände mit dem Begriff “Angst”, ähnlich wie depressive Patienten jedes unangenehme Gefühl mit depressiver Stimmung verbinden. Achten Sie darauf, ob statt oder neben einem Angstgefühl in Ihnen z.B. auch folgende Gefühlszustände auftreten: Hilflosigkeit, Schwäche, Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit, Sinnlosigkeitsgefühle, Bedürfnis zu weinen, Enttäuschung, Wut, Ärger, Unruhe, Abneigung (Aversion), Ekel, Einsamkeit, Verlassenheitsgefühl, Sehnsucht nach Geborgenheit, Wunsch nach Gehalten-Werden.

Welche dieser Gefühle lehnen Sie bei sich eigentlich ab? Besteht Ihre Angst dann nicht einfach darin, diese Gefühle doch zu bekommen bzw. einfach zuzulassen (z.B. Angst vor Hilflosigkeit, Schwäche, Weinen oder Wutausbruch)? Wenn Sie Angst haben, ist dies ein ganz normales Gefühl. Was genau gibt Ihnen den Eindruck, dass es sich dabei um etwas Abnormales handelt? Aus welchen früheren Lebenserfahrungen kennen Sie derartige Bewertungen, warum wollen Sie immer stark sein? Wer sagt, dass Sie immer stark sein müssen? Es ist ein Zeichen von Stärke, seine Schwächen zulassen und zeigen zu können in dem Vertrauen, dass “Echtheit” mehr Beziehung, Nähe und Anerkennung bewirkt als das Aufsetzen einer Maske.

Können Sie unterscheiden, wann Sie aufgrund der Umstände verständliche und normale, wenngleich unangenehme menschliche Gefühle haben, und wann Sie krankhafte Zustände von Angst und depressiver Lustlosigkeit haben? Diese Unterscheidungsfähigkeit ist Voraussetzung für den sinnvollen Umgang mit Medikamenten. Es ist nicht sinnvoll, jedes unangenehme Gefühl gleich mit einem Medikament dämpfen oder beseitigen zu wollen.

Das bessere Wahrnehmen und Ausdrücken Ihrer Gefühle wird erleichtert durch regelmäßige Tagebuch-Aufzeichnungen, die neben den Tagesereignissen auch eine Darstellung Ihrer Gefühlszustände enthalten.

Wenn Psychotherapien verschiedener Methoden wirksam sind, dann oft deshalb, weil sie helfen, mit unangenehmen Gefühlszuständen besser umgehen zu lernen. Die Einsicht in die Ursachen der Probleme und das Wissen über Handlungsmöglichkeiten ist bei vielen Patienten vorhanden, dennoch sind sie aufgrund von unklaren oder ambivalenten Gefühlen oft nicht in der Lage, angemessen zu handeln.