Panikstörung: Wenn eine Panikstörung nicht bewältigbar erscheint

Wenn eine Panikstörung nicht bewältigbar erscheint, sind oft folgende Gegebenheiten anzutreffen, die hier im Überblick zusammengefasst werden sollen.

Chronische Erwartungsängste (“Angst vor der Angst”). Die Angst vor den Paniksymptomen führt zu Erwartungsängsten vor einem neuerlichen Anfall, auch wenn die Patienten aufgrund von körperlichen Durchuntersuchungen wissen, dass sie organisch gesund sind und keine schwere Erkrankung (Herzinfarkt, Schlaganfall, Gehirntumor, Kreislaufzusammenbruch mit Ohnmacht) zu befürchten brauchen.

Ständige medizinische Durchuntersuchungen und Überbeanspruchung des medizinischen Versorgungssystems. Panikpatienten nehmen besonders in der Frühphase der Erkrankung verstärkt ärztliche Hilfe in Anspruch und lassen sich oft wiederholt bei verschiedenen Fachärzten bzw. stationären Aufenthalten durchuntersuchen. Die Betroffenen wirken durch die Symptomatik bzw. durch ihr ängstliches Verhalten auf Ärzte derart bedrängend, dass ständig aufwendigere und kostspieligere Untersuchungen sowie unnötige Krankenhausaufenthalte erfolgen, die nur kurzfristig beruhigend wirken. Die Ängste werden oft verstärkt durch grenzwertige Befunde (“am Rande der Norm”, “leicht abnorm”, “nicht sicher auszuschließen”, “Verlaufskontrolle empfohlen”). Bei langem Suchen findet man häufig unbedeutende Unregelmäßigkeiten. Eine gründliche Durchuntersuchung zum Ausschluss organischer Ursachen ist jedoch vor Therapiebeginn dringend anzuraten. Panikpatienten weisen im Vergleich zu anderen Angstpatienten die höchste Inanspruchnahme stationärer oder ambulanter medizinischer Einrichtungen auf. Sie beanspruchen 3 mal so häufig unterschiedlichste somatisch-medizinische Einrichtungen wie andere Personen.

Lange Krankenstandszeiten mit großem individuellen Leid und hohen volkswirtschaftlichen Kosten. Die Unberechenbarkeit bezüglich des Wiederauftretens der gefürchteten Panikattacken führt mangels effizienter Behandlungsmethoden oft zu unnötig langen Krankenstandszeiten, weil sich die Betroffenen noch nicht genug vorbereitet fühlen, einen neuerlichen Anfall zu bewältigen. Im Extremfall kann eine Berufsunfähigkeit eintreten.

Depressive Erschöpfung und Resignation als verständliche Folge der nicht kontrollierbar erscheinenden Panikattacken.

Missbrauch von Alkohol oder Benzodiazepintranquilizern, um die Erwartungsängste besser ertragen zu können.

Angst vor dem Alleinsein. Im Extremfall können die Betroffenen nicht mehr allein sein, weil sie sich davor fürchten, den Symptomen hilflos ausgeliefert zu sein.

Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Sinne einer Agoraphobie. Menschen mit Panikstörung neigen im Laufe der Zeit vielfach dazu, verschiedene Situationen zu meiden, die als Auslöser für Panikattacken geeignet erscheinen.

Abhängigkeit von einer Vielfalt von Helfern. Angstreduzierend wirkt das Wissen um die Nähe oder sofortige Erreichbarkeit von Helfern (Ärzte, Krankenhäuser, Psychotherapeuten, Verwandte, Bekannte). Oft sind schon Gespräche beruhigend, ohne dass neuerliche Untersuchungen nötig sind. Vorher selbstbewusste und lebenstüchtige Menschen verhalten sich plötzlich wie furchtsame kleine Kinder.

Psychosoziale Beeinträchtigungen. Menschen mit einer Panikstörung weisen im Vergleich zu anderen Angstpatienten die meisten psychosozialen Beeinträchtigungen auf. Diese sind um so größer, je depressiver die Betroffenen gleichzeitig sind. Studien haben ergeben, dass Panikpatienten mit zusätzlicher depressiver Symptomatik ausgeprägtere Angstsymptome, eine ungünstigere Krankheitsentwicklung und größere psychosoziale Beeinträchtigungen erleben sowie eine schlechtere Behandlungsprognose und chronischere depressive Symptome aufweisen. Die sekundäre Entwicklung depressiver Episoden ist nach verschiedenen Untersuchungen hauptverantwortlich für die Entwicklung massiverer psychosozialer Integrationsprobleme. Die Kombination von Pharmakotherapie (Verabreichung eines selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers) und anfänglich symptombezogener Psychotherapie (Verhaltenstherapie) kann auch in diesen Fällen zur Heilung führen.

Übermäßige Schonhaltung aus Angst, die Symptome nicht zu provozieren, und ständige hypochondrische Selbstbeobachtung in der Hoffnung, die gefürchteten Symptome irgendwie verhindern zu können. Panikpatienten haben das Vertrauen in ihren Körper verloren und befürchteten Herzinfarkt, Ohnmacht oder Verrücktwerden. Sie zeigen seit dem ersten Anfall ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis bei allen Unternehmungen und möchten das kleinste Risiko eines Panikanfalls ausschalten. Aus falscher Schonhaltung schränken die Betroffenen, die früher oft sehr sportlich waren, körperliche Aktivitäten (Sport, Treppensteigen, anstrengende manuelle Tätigkeiten usw.) ein. Durch die fehlende Kondition werden erst recht jene Symptome begünstigt, die man vermeiden möchte.