Agoraphobie, soziale Phobie oder Depression?

Die Grenzen zwischen diesen drei psychischen Störungen sind oft fließend und in bestimmten Fällen auch für das geschulte Auge schwer zu unterscheiden. Häufig wird vorschnell eine reine Agoraphobie angenommen, wo tatsächlich primär soziale Ängste vorhanden sind. Unter einer sozialen Phobie leiden Menschen, wenn sie sich vor Kritik von anderen fürchten oder überhaupt davor, in der Öffentlichkeit aufzufallen. Alles kreist um die Frage: „Was werden die anderen Menschen von mir denken, wenn sie mich während einer Panikattacke sehen?“ Dahinter stehen oft eine soziale Unsicherheit und eine soziale Ängstlichkeit.

Agoraphobiker mit einer sozialen Phobie fürchten den „sozialen Tod“, den Verlust des Sozialprestiges, was durch bestimmte sichtbare, durchaus als ungefährlich erkannte Symptome (Rotwerden, Zittern, Schwitzen, Ausbleiben oder Veränderungen
der Stimme) verstärkt wird.

Die Angst vor Menschenansammlungen tritt bei Agoraphobikern und Sozialphobikern gleichermaßen auf. Bei Agoraphobie ist jedoch die zentrale Befürchtung, die jeweiligen Situationen nicht jederzeit rechtzeitig verlassen zu können bzw. keine Hilfe von Fremden bekommen zu können, bei der sozialen Phobie dagegen sind eher bekannte Menschen der Angst auslösende Faktor, die als potentielle Kritiker gefürchtet werden. In einem Lokal sitzen Agoraphobiker lieber bei der Tür, Sozialphobiker eher versteckt in einer Ecke. Agoraphobiker gehen lieber in kleinere, überschaubare Geschäfte, Sozialphobiker eher in Supermärkte.

Bei einer Agoraphobie (vor allem bei gleichzeitiger Panikstörung) kreisen die Befürchtungen um das eigene körperliche und psychische Wohlbefinden (Angst verrückt zu werden, die Kontrolle zu verlieren, zu sterben, in Ohnmacht zu fallen), ohne Sorgen um die Bewertung des Verhaltens durch andere. Bei typischen Agoraphobikern mit Panikattacken ohne Sozialphobie besteht die Angst unabhängig vom sozial relevanten Verhalten. Sie haben einfach Angst, ohnmächtig umzufallen und vielleicht nicht mehr aufzuwachen, auch wenn die umstehenden Leute gute Bekannte sind.

Sozialphobiker fürchten die negative Bewertung des eigenen Handelns oder der eigenen Person durch andere. Bei einer typisch agoraphobischen Symptomatik wie der Angst umzufallen kann man über die Frage nach den Konsequenzen des Umfallens rasch erkennen, ob statt der Todesangst eine Sozialphobie gegeben ist: „Ich habe Angst, dass alle Menschen auf mich herschauen und sich denken, ich sei psychisch am Ende“.

Bei einer Depression erfolgt der Rückzug nicht aus körperlichen oder sozialen Ängsten, sondern aus Antriebsmangel und Lustlosigkeit. Oft verstärkt eine sekundäre Depression eine ursprüngliche Agoraphobie oder Sozialphobie. Die Beseitigung der Depression ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Angstbewältigung!

Personen mit einer Zwangsstörung vermeiden bestimmte Situationen aus einem anderen Grund. Sie fürchten Verunreinigungen vielfacher Art und müssen hinterher dadurch extrem häufiges und intensives Waschen und Reinigen den früheren „sauberen“ Zustand wiederherstellen. Diese Personen vermeiden bestimmte Situationen, um sich stundenlang andauernde Zwangsrituale wie Waschen, Reinigen und Kontrollen zu ersparen.